Glen Coe – Under Midges
Teil 5 Großbritannien- Autocamping-Tour Juli/August 2015.
Ich bin eine Trödeltante: So wie ich beim Schreiben meines GB-Reiseberichts herumtrödele, genauso trödelte ich im letzten Sommer auch herum. Etwas in meinem Herzen zog mich in die Highlands, die andere Hälfte hielt mich dort fest, wo ich gerade war. Und rückblickend sage ich: vertraut auf das Gefühle in euch; wenn ihr es irgendwo schön habt, bleibt da und genießt es!
Die aktualisierte Wettervorhersage hätte mir zu denken geben sollen, aber Daqui glaubt ja immer noch, das gute Wetter ginge mit, wenn Engel reisen. Sogar ins Glen Coe…
Zunächst musste ich die Route ändern: Sperrung auf der A82. Also über Stirling und die Trossachs. Unerwünschte Wegverlängerung, aber das ging schon in Ordnung – ich mag diese Straße, man hängt nicht zwangsläufig ständig am Auspuff des Voranfahrenden.
So eilte ich auch nicht besonders, sondern stoppte immer mal wieder.
Hier wäre ich dann fast schon wieder hängengeblieben. Hübscher Ort mit unkomplizierter Campingmöglichkeit, nur recht nah an der Straße.
Also voran, hin zu meiner Lieblingsstraße in Schottland:
Ja, was soll man sagen, bei aller Unwirtlichkeit und Rauheit, die mich bis auf eine Ausnahme dort empfing, schlägt eben doch mein Herz höher, wenn ich im Glen Coe ankomme. Jedes Mal.
Ich spüre sogar eine Resistenz gegen das schlechte Wetter, und als ich mein Zelt im strömenden Regen auf der durchweichten Wiese vom Camping Invercoe aufschlug, war keine schlechte Laune, sondern ein warmes Gefühl von Angekommensein in mir.
Das Bild unten ist übrigens vom nächsten Tag, wo es hin und wieder eine kurze Regenpause gab, so dass auch der Thabo mal frische Highland-Luft atmen konnte.
Camping Invercoe: 15 £/Nacht (inklusive Elektrik, sofern man sich einen Platz nahe einem Anschluss aussucht).
Der Camping- & Caravanpark, wie er offiziell heißt, ist toll gelegen. Man kann das Auto dort hinstellen und hat direkt vom Platz aus unendlich viele Wandermöglichkeiten. So finden sich hier auch zahlreiche Backpacker ein – es geht entsprechend unkompliziert zu, hat aber an Service alles, was man benötigt.
Die Campingwarte sind freundlich, sie betreiben einen kleinen Shop – wobei man sich das meiste aus Ballachulish holen wird.
Es war mir schon seit Jahren eine liebe Gewohnheit, bei der Durchfahrt beim kleinen Tante-Emma-Laden anzuhalten, wo es eine hervorragende Produktauswahl und vor allem ganz leckeres Gebäck gab. Am Laden rannte ich mir diesmal den Kopf an: er ist inzwischen geschlossen. Wurde ersetzt durch einen Supermarkt am Besucherzentrum. Ich war zunächst enttäuscht, muss aber zugeben, dass sie auch im neuen Geschäft ein super Sortiment führen.
Ein großer Vorteil von Invercoe ist die schöne Lage am Loch Leven. Nach einer anstrengenden Wanderung und wenn es mal nicht regnet, ist so ein bevorzugter Platz, gemütlich bei einem Guinness, ein wahres Paradies.

Ebbe am Loch Lewen. Blick auf Ballachulish

Loch Lewen
Ich muss mich jetzt korrigieren: Theoretisch wäre meine gepolsterte Steinbank ein Genießerplatz. Im wirklichen Leben war es so, dass zunächst still und heimlich, später absolut unverfroren Horden von Midges über mich herfielen. Als ich es merkte, staffierte ich mich mit meiner Netz-Mütze aus, aber da war es schon zu spät. Abends im Duschraum leuchteten dicke rote Flecken in meinem Gesicht, die bald einen ordentlichen Juckreiz entwickelten.
Was soll ich sagen: Ich beharrte fast drei Tage darauf, dass ich es schön habe, machte in Regenklamotten Tageswanderungen auf einem Schieferlehrpfad und in der Berglandschaft bei Glencoe – immer mit einem grimmigen Blick auf die Wetter-App: Cornwall 24°C und Sonne. Der ganze Norden Schottlands unter Wolken.

Slate Arch and Inclined Plane. Über diese Rampe, die Teil des Schiefer-Lehrpfades von Ballachulish ist, wurde früher das Gestein aus dem Berg nach unten befördert. Ab 1693 wurde bei Ballachulish 250 Jahre lang Schiefer gefördert und gab rund 300 Menschen Brot und Arbeit.
Diese Fußwanderung ins Glen Etive, mit Übernachtung in den Bergen, fiel auch dieses Jahr wieder im wahrsten Sinn des Wortes ins Wasser. Vielleicht gehe ich den Weg beim nächsten Mal dennoch, dieses Mal zuckte ich noch zurück.
Denn eines ist unbestreitbar: Auch oder gerade bei solchen Wetterverhältnissen entfaltet diese Landschaft ihre einzigartigen Reize.

Die beiden Radler waren mit mir in Invercoe gestartet, sie radelten, ich wanderte und später sollte ich sie auf der Straße am Loch Lomond wieder treffen. Tüchtige Jungs.
Ich will es mal so beschreiben: Wenn unsereiner Zeit in Hülle und Fülle hätte, nicht darauf angewiesen, irgendwann wieder Sonne zu tanken, um nach dem Urlaub Kraft für den Job zu haben, würden mir Midges und Nässe nicht viel ausmachen – diese Stimmung passt zu Schottland.
So aber wurde ich schließlich doch weich. Cornwall hatte am dritten Tag zwar nur noch 21° C, aber immer noch volle Sonne. Nee, ich muss nun wieder runter nach Süden!
Immerhin aber bin ich hier gewesen – meinem zweiten Zuhause. Das Herz hat wieder eine Zeitlang Ruhe.
Und eine fototechnische Frage hat Antwort gefunden: Die Sony A7 ist dem schottisch-nassen Wetter durchaus gewachsen – sie machte keinerlei Probleme. Anfangs hatte ich wegen des Regens noch mit der Nikon fotografiert, aber dann wurde mir die Schlepperei einfach zu viel.
Als limitierend erweist sich bei der Sony A7 einzig und allein immer wieder die Akku-Laufzeit. Auf eine Mehrstundenwanderung nehme ich grundsätzlich vier Akkus mit und stecke sie körpernah in die Brusttasche. Aber wenn die Temperaturen im Keller sind, kann man dem Akku in der Kamera beim Entladen zusehen – äußerst frustrierend. Bedeutet, dass die 4 Akkus für eine Mehrtageswanderung nicht ausreichen – man denke an die längeren Belichtungszeiten für Nachtfotos bzw. bei Sonnenuntergang und -aufgang.