Die Blacksheeps und der Wettergott

Ok, vielleicht war es tatsächlich so, wie Peter Freudenthaler von Fools Garden am Festival-Eröffnungstag erzählte: Sie hätten vor dem Konzert ein Schönwetter-Lied gesungen und so ward es trocken :-)

Nachdem ich schon gehört habe, dass Schamanen ebensolches mit Massen-Meditation bewirken, schließe ich nicht aus, dass Musikanten das ebenfalls schaffen.

Wem auch immer wir zu Dank für drei trockene Festivalabende verpflichtet sind – er bzw. sie soll(en) ihn haben! Wir verfolgten betrübt, was parallel bei Rock am Ring geschah – leicht hätte es uns ebenfalls treffen können. Und wie Franz Koroknay am letzten Tag, welcher wie die Vortage bis zum Konzertbeginn von stundenlangem Regen geprägt war, zum Schrecken aller Besucher mitteilte: Fast hätte man auch in Bonfeld den letzten Tag absagen müssen, weil der Boden vor der Schloßbühne inzwischen eine einzige Schlammwüste war. Doch mit dem typischen Bonfeld-Enthusiasmus der Hunderten von freiwilligen Helfern, darunter diesmal auch vieler Flüchtlinge, konnten am Vormittag Riesenladungen mit Holz-Hackschnitzeln besorgt und auf dem Gelände ausgebracht werden.

Hier, wo Danelo abends bei inzwischen schönstem Sonnenschein seine Kugel-Künste vorführt, sieht man den neuen Festivalboden. Das war grandiose Fleißarbeit, denn immerhin musste der Teppich am Folgetag ja wieder entfernt werden.

Danelo

Ja, so sind die Bonfelder – sie machen einfach alles möglich!

Und dass sie einen Besucherstrom wie nie hatten, dass der Festival-Freitag mit immerhin drei Bühnen vollständig ausverkauft war (es hieß, an der Abendkasse wäre EINE einzige Karte durch Rückgabe verfügbar gewesen), ist in allererster Linie der brillianten Organisation und der uneingeschränkten Fokussierung auf Künstler und Gäste zu verdanken.
Genau dadurch schaffen sie es letztlich, ein Line-Up dieser Güte zustande zu bekommen, welches wiederum magnetisch anzieht. Und sie sorgen für die Künstler mit so viel Umsicht, dass diese bei den Performances ausnahmslos Höchstform zeigen.

Man mag damit hadern, dass das frühere Konzept von Folk im Schloss nun so stark Richtung Rock und Pop geändert wurde – der Zuschauerandrang gibt dem Veranstalter recht und wir als Folk-Liebhaber kommen so oder so, weil immer wieder feine Perlen im Programm sind, weil die alten Rocklegenden beeindrucken und weil wir den genialen Blacksheep-Spirit genießen. In dieser konfliktbeladenen Zeit stehen die Tage für hoffnungsvolles Miteinander.

Meine Favoriten des Line-Ups hatte ich im oben verlinkten Beitrag ja bereits beschrieben… und sie bestätigten sich genau so, wie ich es erwartet hatte. Es wurden musikalisch und stimmungsmäßig herausragende Tage. Schön auch, Bekannte des vergangenen Jahres wiederzusehen und mit neuen Gleichgesinnten zu feiern.

Überraschend war für mich darüber hinaus die Frische der Band Fools Garden, die mich kaum zu einem eigenen Konzertbesuch verlocken würde. Hier live in Bonfeld fand ich sie richtig gut, mit enorm viel Dynamik und Humor (auch gegenüber sich selbst) auf der Bühne.

Fools Garden

Fools Garden-1

Die Schwaben-Rockband Wendrsonn – bodenständiger Humor trifft auf höchste Musikalität. Ein Übersetzer für Nicht-Schwaben wäre durchaus nützlich, andererseits: Musik ist ja international :-)

Wendrsonn-1

Wendrsonn-2

Genevieve Chadwick aus Australien rockte ganz allein die Innenhofbühne, war indes mitnichten einsam, denn sie riss das Publikum von Anfang an mit Powerstimme und Bühnenpräsenz mit.

Genevieve Chadwick

Festival-Feeling außerhalb der Bühnen:

Autogrammstunde der Großen

Autogrammstunde der Großen

 

Egal wo sie stehen, sie haben immer den Überblick

Egal wo sie stehen, sie haben immer den Überblick

Die Rosenstaub-Fee

Die Rosenstaub-Fee

Folki Franki

Folki Franki

Grill Chief

 

Nun wieder zu den Bühnen zurück. Ich habe nicht bei allen Auftritten fotografiert. Bei der Schlossbühne stand ich aus Gehörschutzgründen meistens weiter hinten und manchmal wollte ich auch einfach nur tanzen :-)

Die jungen Waliser Rusty Shackle sollen aber noch gezeigt werden und ein paar weitere Acts, die für mich Highlights waren und an die ich zum Fotografieren nah genug heran kam.

Rusty Shackle

Bei der Grande Dame der irischen Folkmusik, Geraldine MacGowan, die für mich gleich neben Julie Fowlis steht, was die schönsten Stimmen betrifft, musste der Innenhof am Freitag wegen Überfüllung zugesperrt werden. Das nimmt nicht wunder: Die Künstlerin ist nur noch selten in Deutschland zu erleben.

Geraldine MacGowan

Geraldine MacGowan (2)

Manfred Mann‘ Earthband gehörte mit Jethro Tull’s Ian Anderson und Uriah Heep zu den großen Musiklegenden, die den Platz vor der Schlossbühne ganz eng machten.

Alle drei Giganten-Auftritte begeisterten vollständig, wobei es – ebenfalls erwartungsgemäß – zu Ian Anderson geteilte Meinungen gab. Sein Musik polarisiert – ich liebe sie uneingeschränkt. Man muss mehr zuhören – tut man es, wird man überreich belohnt. Dass der wilde Flötist kein Sänger vor dem Herrn ist, empfinde ich nicht als Nachteil – er setzt dennoch auch seine Stimme sehr akzentuiert als Instrument ein und ich fand oft Anlass zum Amüsieren.
Extrem beeindruckt war ich von dem jungen Gitarristen neben Ian Anderson – phänomenal, mit welchem Selbstverständnis und mit welcher Virtuosität Florian Ospahle neben den erfahrenen Bandkollegen auftrumpfte. Selbst der Chef fiel nach einem Solo vor ihm auf die Knie und als ich dann hörte: er stammt aus Rosenheim, war meine Begeisterung vollständig. So ein taffer Bua!
Fotos dazu müsst ihr auf der Blacksheep-Seite ansehen, bei den Spät-Konzerten um 23.00 Uhr hatte ich die Kamera nicht mehr dabei. Für von weit hinten hätte sich das 85mm-Objektiv auch nicht gelohnt, wie man hier beim Foto bei MME sieht.

Manfred Mann's Earthband

Manfred Mann’s Earthband

Dafür gibt es noch was von der Überraschungsband am Samstag und das waren The Coronas aus Irland. Die Jungs spielen zu Hause vor vielen Tausend Menschen, hier in Bonfeld war es zunächst ziemlich leer vor der Schlossbühne. Ich blieb deshalb eigentlich mehr aus Loyalität dort stehen. Nach einem etwas verhaltenen Start zeigte es sich aber rasch, dass sie zu Hause verdient ein Publikumsmagnet sind, worauf sich der Platz auch füllte und wir viel Spaß miteinander hatten.

The Coronas-1

The Coronas-5

The Coronas-3

Insgesamt war der Samstag ziemlich Pop-lastig. Lediglich die Dream Catcher aus Luxemburg erfreuten uns mit Folk, dies dafür wieder besonders gut.

Dream Catcher

Ein tolles Festival war es. Dass ich meine momentane ISG-Blockade ignorierte bzw. tagsüber in der Therme Bad Rappenau kurierte, war einer meiner Top-Entscheidungen, sonst hätte ich jetzt eine Frust-Depression dazu.

Ein ganz liebes Dankeschön zum Schluss noch an die Gartennachbarin in Bonfeld, die mir diese schönen Pfingstrosen auf den Campingplatz brachte. Sie haben mich alle Tage erfreut und noch nach Hause begleitet.

Camping